Sonntag, 17. April 2011

If I had a hammer...

Dieses Wochenende meint es irgendwie nicht gut mit mir - erst beim Judo meinen rechten Fuß so zerstört, dass ich nur humpelnd durch die Gegend ziehe und jetzt gehts meiner psychischen Gesundheit auch noch an den Kragen. Dieses Schmuckstück habe ich heute nämlich bei Medi-Learn (einem Medizinerforum vom Bewerber, Studenten etc. bis zum Facharzt) gefunden:

"Bei den Studienanfängern muss es eine „Männerquote“ von 50 Prozent geben." Dtsch Arztebl 2011; 108(15): A-846 / B-692 / C-692

Begründung: viele Frauen gehen im Laufe ihres Berufslebens wegen Schwangerschaft/Kindererziehung dem Gesundheitssystem verloren.
Durchatmen...tief durchatmen. WTF oO!

Während man in der Wirtschaft Frauenquoten von maximal 30% schon als quasi kommunismusanheimelnde Planwirtschaft erachtet, die Leute (Frauen) in höhere Positionen bringen würde, die dort von ihrer Qualifikation her nichts zu suchen haben (Frauen), so sollen in einem Studium gleich 50% der Plätze an Männer verteilt werden, damit das verkrustete patriarchalische System ja so reaktionär wie es ist weiterlaufen kann und Frauen weiterhin fröhlich gegen eine gläserne Decke stoßen?

Ganz klar - wenn Frauen Kinder kriegen mutieren sie sofort zum allein qualifizierten Kinder-Betreuungs-Muttchen, das den Herd hütet. Männer würden die Kinder auch höchstens umbringen, Vaterinstinkte sind inexistent. Also müssen wir Frauen es tun. Gibt keine andere Lösung - Teilzeit, Betriebskindergärten, Gleitzeit mit Kernarbeitszeiten, verpflichtetenden Elternschutz für beide Elternteile, ach wozu denn!

Haben wir ja immer schon so gemacht.

Wenn Frau sich allerdings entschließt, dann doch keine Kinder in diese Welt zu setzen, dann ist sie natürlich schuld, dass Deutschland sich abschafft, wie Herr Sarrazin so großartig einfühlsam wie intellektuell stichfest in seinem Buch Pamphlet feststellt.

Aber mal im Ernst, die Studienplätze im Fach Medizin werden wie folgt verteilt:
  • 20% an die Abiturbesten, dabei treten nur die Leute gegeneinander an, die im gleichen Bundesland ihr Abitur gemacht haben - entscheidend ist also die Schulleistung (die die Jungen ja achso unfair benachteiligt)
  • 20% nach Wartezeit, das heißt, wer Sitzfleisch besitzt, kriegt seinen Platz - nachrangig auch hier wieder die Abiturnote bei Bewerbern mit gleicher Wartezeit
  • 60% werden durch die Universität selbst vergeben, wobei anzumerken ist, dass auch hier bei den meisten Unis die Abiturnote eine herrausragende Rolle spielt. Aber hier gibt es auch Gespräche und Medizinertests, wie den TMS oder Ham-Nat.
Im Großen und Ganzen ist also die Abiturleistung entscheidend - und selbst wenn die ganze Schulzeit über nur Diktate über rosa Schmetterlinge geschrieben wurden, ins Abi gehen die Noten der Oberstufe ein. Sprich von der Alterstufe her 16-20jährige (ganz grob gefasst). Wer es in dem Alter, Mann oder Frau hin oder her, nicht gebacken kriegt, seine Schulleistung dem Wunschstudienfach anzugleichen, der ist schlicht und ergreifend selber Schuld. Dann muss er halt warten, das mag nicht schön sein, das kann ich mir vorstellen, aber so ist das System und immerhin gibt es diese Möglichkeit.

Und man mag vieles über dieses System sagen, vom Geschlechterstandpunkt her ist es weitmöglichst gerecht. Es gibt auch Anrechnungen für geleistete Dienste, etwaige Behinderungen und Einschränkungen, feste Arbeitsstellen und familiäre Verpflichtungen (Sozialkriterium). Das macht den ganzen Bewerbungskram zwar erstmal kompliziert, aber wer sein Abitur geschafft hat, sollte da schon durchsteigen.

Wenn ich mich so entsinne, dürfte das Verhältnis bei mir im Studiengang ungefähr 60:40 zugunsten der Frauen sein. Da liegt also kein eklatanter Männermangel vor. Nicht missverstehen, am allerliebsten wäre mir eine allgemeine Geschlechterquote von minimal 45% und maximal 55%. Sprich jedes Geschlecht sollte zur Hälfte vertreten sein mit einer Schwankungsbreite von 5%. Genauso wie ich für einen Elternschutz anstelle des Mutterschutzes wäre. Und wenn schon Herdprämie, dann auch für Hausmänner!

Achja, an meinen Studienplatz kam ich über die Abibestenquote. Ich habe vor Kinder zu kriegen und ich koche und backe sehr gerne - aber Hausfrau, nie im Leben!

Wer dies erfüllend findet, bitte schön, aber ohne mich. Freie Entfaltung für alle!

Ich habe Quoten früher immer für doof gehalten, genauso wie ich mich dem Binnen-I verweigert habe ("Ich werde Arzt."). Aber ich habe meinen Standpunkt geändert, ich sehe Quoten heute als Übergangselemente an, die alten eingefahrenen Spuren zu verlassen und abseits der gelebten Heteronormativität neue Wege zu beschreiten. Werden die neuen Wege zur Normalität - dann mögen Quoten veraltet sein.

Zum Binnen-I hat mich die folgende Frage gebracht (irgendwo in den Weiten des WWW gelesen und vergessen wo - Verzeihung!):

Wer würde sich unter 100 Sängern schon 99 Sängerinnen und einen Sänger vorstellen? Obwohl es möglich wäre. Das generische Maskulinum ist maskuline Dominanz - und an ein gesprochenes Binnen-I kann man sich gewöhnen. Ehrlich!

In diesem Sinne: Ich werde Ärztin :)

7 Kommentare:

  1. Toller Post :-)

    "an der Saale hellem Strande"...ich glaube wir studieren in der selben Stadt ^^

    AntwortenLöschen
  2. Danke schön :) und solange die Saale nicht meint einen verschlucken zu müssen (wie dieses Winter), lässt es sich in Halle doch ganz gut leben - von nem fehlenden Alnaturaladen mal abgesehen...

    AntwortenLöschen
  3. Stimmt, das Hochwasser war Mist. Mir sind einige Freunde abgesoffen. :-(
    Ach wir haben doch schon Einiges, was den fehlenden Alnaturaladen ausgleicht. Das La Karot, die Ökoase ^^

    AntwortenLöschen
  4. Richtig - meine Mutter war ganz überrascht, als sie mich fragte, wo wir denn mal hier essen gehen könnten und dann feststellte, dass es gar nicht so wenig ist :) (auch bei Italienern oder Indern verhungert man ja nicht, Grieche ist dann schon schwieriger).

    Aber Mama ist eh die Beste - auch als Omnivore.

    AntwortenLöschen
  5. Stimmt. Oder beim Chinesen kann man auch Glück haben, dass sie vegane Sachen anbieten. Ich merke den Unterschied immer wieder, wenn ich wieder bei meinen Eltern auf dem Land bin. Da gibts NICHTS. Da hilft nur selbst ist die Frau, ab in die Küche *lol*

    AntwortenLöschen
  6. „Back to the Thema“ ist es demnach wohl so das ich, das qualifizierte Kinder-Betreuungs-Väterchen, das den Herd hütet, werde und meine FRAU dem Beruf der ÄRZTIN nachgeht. Klar ist ja auch das ich nie die Qualifikation zum Arzt haben werden meine Frau dafür wohl aber AUCH die zum Mutter, Köchin, Bäckerin sein! Ja das vegan kochen/backen verwirrt mich noch etwas, als Primitivling, aber bin gewillt zu lernen!

    AntwortenLöschen
  7. So siehts aus ;)

    Darfst auch gerne arbeiten gehen, werde ich dir bestimmt nicht verbieten, aber Haushalt geht immer mit, nicht wahr :P

    Wir sind doch schließlich alle Alleskönner!

    AntwortenLöschen