Samstag, 14. Mai 2011

Hormone und Konservative

Das der neugewählte Ministerpräsident Sachsen-Anhalts Reiner Haseloff (CDU - muss man noch mehr sagen?) ein höchst zweifelhafter Politiker ist, und höchstens als Sexismusexperte aus eigener Erfahrung durchgeht, weis man ja. Aber was er und seine Parteigenossen sich da jüngst geleistet haben, geht echt auf keine Kuhhaut - nicht mal auf eine aus Kunstleder.

Nachtigall, ick hör dir trapsen. Wie oft will man Hormone noch als Argument gegen Frauen ins Feld führen? Denn, meine Herren, sie mögen wohl Recht haben, Hormone steuern jegliche unserer Verhaltensweisen - Nahrungsaufnahme, Wahrnehmung und Denken, Schlaf-Wach-Rhythmus, Sexualität, soziales Verhalten. Ebenso, geneigte Leserschaft, haben sie auch Recht, dass diese Steuerung zyklischen Schwankungen unterworfen ist.

Die Frau ist ein "hormongesteuertes" Wesen, in der Tat. Bevor hier aber irgendwer ein siegesgewisses Grinsen - "ich hab es ja schon immer gewusst" - aufsetzt:

Der Mann nicht minder. Jede gegenteilige Behauptung ist unseriös bzw. schlichtweg gelogen.

Daran ist überhaupt nichts verwerfliches. Hormone und ihre Zyklen sind unsere Überlebensgarantie, medizinische Probleme im Hormonhaushalt haben schwerwiegendste Folgen - im Zweifelsfalle letale, wenn man nicht behandeln kann mit (genau) Hormonen. Hormone sind nicht unsere Feinde und sie diskreditieren eine Frau in keinster Weise - nicht in ihren kognitiven und nicht in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeiten.

Wenn die CDU-Frauen sich also aufregen, hat dies mitnichten mit ihren Hormonen zu tun, sondern mit Tatsachen und der ungeschminkten konservativen Realität. 35 Führungspositionen waren zu vergeben - 2 gingen davon an Frauen.

5,7%. Fünf Komma Sieben Prozent. FÜNF KOMMA SIEBEN!

oO Da tanzen meine Hormone auch Rumba - vor allem Adrenalin. Wenn es irgendeinen Beweis für die Notwendigkeit der Frauenquote noch gebraucht hätte - bitte schön hier Frei Haus. Die Begründung, dies wäre nicht möglich mit den 30% bei nur sechs Frauen in der Fraktion, schlägt einem doch auch nur als blanker Hohn ins Gesicht. Wenn diese Partei die WählerInnenlandschaft Sachsen-Anhalts abbildet, dann ist der Frauenmangel im Osten anscheinend furchtbarer als angenommen.

Nicht mit den Frauen läuft was falsch, dass sie nicht in der CDU "vorhanden" sind, nein, mit der CDU läuft was falsch, wenn sie Frauen in großer Mehrheit keine politische Heimat bieten kann (und oftmals wohl auch nicht will). Vielleicht sollte die Partei mal überlegen, wie sie sich für die größte Minderheit des Landes attraktiver machen kann und den schwarzen Peter nicht den Frauen in die Schuhe schieben.

Ich gebe unumwunden zu - meine politische Heimat wird die CDU nie sein und dementsprechend werde ich sie nicht wählen (gibt ja genug andere *Piep*, die das tun). Aber habe ich als Frau und damit Teil aller Frauen Sachsen-Anhalts (oder auch der BRD, das Problem ist in jedem Rahmen ja dasgleiche) nicht trotzdem das Anrecht, angemessen repräsentiert zu werden?

Das alle zehn Sprecherposten an Männer gingen - keine Bewerberin wurde berücksichtigt - verwundert mich nach den Führungspositionendebakel noch weniger. Die Vorsitzende der Frauenunion Eva Wybrands allerdings schon:

"Was hier passiert, baut nicht mehr auf den Werten auf, für die die CDU steht."

Naja, für mich klingt das nach althergebrachten konservativen Mustern. Was nicht bedeutet, dass diese nicht endlich begraben gehören, lieber heute denn morgen.

Fuck Gleichberechtigung - her mit der GleichSTELLUNG! Papier ist geduldig, auf den Gleichstellungsparagraphen in unserem Grundgesetz darf ich mich eh nicht beziehen - ich will endlich Taten sehn und verdammte Erfolge!

Allergikerhinweis: Dieses Produkt kann produktionsbedingt Spuren von Ironie, Sarkasmus und Zynismus enthalten.

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